Der Michaelerplatz. Von den canabae legionis zu einem biedermeierzeitlichen Malerwerkplatz
Eine Ausstellung der Stadtarchäologie Wien im Zusammenhang mit dem Wien Museum
5. August – 3. Oktober 2004
Der Michaelerplatz. Von den canabae legionis zu einem biedermeierzeitlichen Malerwerkplatz
Eine Ausstellung der Stadtarchäologie Wien im Zusammenhang mit dem Wien Museum
Der Michaelerplatz ist eine der bedeutendsten archäologischen Fundstellen in Wien. Die Ausgrabungen der Stadtarchäologie Wien in den Jahren 1990/1991 haben rund 2000 Jahre Siedlungsgeschichte aufgedeckt. Erstmals werden diese Funde sowie ihre wissenschaftliche Aufarbeitung im Wien Museum präsentiert. Für die Schau "Der Michaelerplatz - Von den canabae legionis zu einem biedermeierzeitlichen Malerwerkplatz“ zeichnet die Stadtarchäologie Wien in Zusammenarbeit mit dem Wien Museum verantwortlich.
In römischer Zeit lag an der Stelle des Michaelerplatzes - an der Kreuzung von Limesstraße und der Straße nach Scarbantia (Sopron) - ein Teil der Lagervorstadt (canabae legionis). Hier lebten die Angehörigen der Legionssoldaten sowie Händler und Handwerker. Werkstätten, Läden und Gasthäuser sorgten für das Wohl der Soldaten.
In der Ausstellung sind die römischen Hinterlassenschaften aus den Werkstätten und den Wohnbereichen der canabae legionis zu sehen - "Wohnen“, "Arbeiten“ und "Glaube“ stellen die drei Schwerpunktthemen der Schau dar.
In den römischen Werkstätten wurde vor allem Eisen verarbeitet. Z.B. kann die Entwicklung einer Eisenschmiede von ihren Anfängen als Holzbau in der 1. Hälfte des 2. Jahrhunderts bis zu ihrem technologischen Höhepunkt nach 350 A.D. verfolgt werden. Zahlreiche Fehlbrände der Keramikproduktion und Knochenstücke mit Werkspuren sind Hinweise auf die Tätigkeit anderer Handwerker.
In unmittelbarer Nachbarschaft der Eisenschmiede standen Wohnhäuser. Eines davon war mit Fußbodenheizung und dekorativ bemalten Wänden behaglich ausgestattet. Einige Funde, darunter ein kleiner Altar, erlauben Rückschlüsse auf die religiösen Vorstellungen der Bewohner der canabae legionis.
Im Mittelalter herrschte rund um den Michaelerplatz rege Betriebsamkeit. Davon sind allerdings nur wenige archäologische Zeugnisse erhalten. Erst wieder ab dem 16. Jahrhundert häufen sich Nachweise baulicher Umgestaltungen, beispielsweise die ehemalige Umfassungsmauer des kaiserlichen Paradeisgartels.
Bis ins 18. Jahrhundert war am heutigen Michaelerplatz lediglich eine Straßenkreuzung. Erst mit dem Ausbau der Hofburg begann der Platz Gestalt anzunehmen. Im Süden der Grabungsfläche konnten einige Fundamentmauern des alten Burgtheaters, das sich dem Halbrund des unfertigen Michaelertrakts einfügte, freigelegt werden. Die nördliche Grabungshälfte nahe der Schauflergasse dominierte ein neuzeitliches Kellersystem.
In einem dieser Keller wurden Gefäße von einem biedermeierzeitlichen Malerwerkplatz gefunden, die ebenfalls in der Ausstellung gezeigt werden. Die zu den Kellern gehörende Häuserzeile stammt aus dem Spätmittelalter. Sie wurde erst am Ende des 19. Jahrhunderts abgebrochen. Dann erst bekam der Michaelerplatz sein heutiges Aussehen.
Leiterin der Stadtarchäologie:
Karin Fischer Ausserer
Kuratorinnen der Stadtarchäologie:
Christine Ranseder und Sylvia Sakl-Oberthaler
Wissenschaftliches Team Michaelerplatz:
Tamás Bezeczky, Wolfgang Börner, Rita Chinelli, Sigrid Czeika, Günther Dembski, Patrizia Donat, Ursula Eisenmenger, Alice Kaltenberger, Heike Krause, Constance Litschauer-Vrba, Martin Mosser, Izida Pavic, Silvia Radbauer, Gerhard Reichhalter, Sylvia Sakl-Oberthaler, Roman Sauer, Helga Sedlmayer, Kinga Tarcsay und Nina Willburger
Ausstellungsgestaltung und -grafik:
Christine Ranseder