Andreas Kranebitter, Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW), präsentiert seine große Studie zur nationalsozialistischem Praxis mit sogenanntem Verbrechertum. Das Buch ist ein essentieller Beitrag zu einer wenig verstandenen Dimension des NS-Terrorstaats. Im Wien der Nazizeit war die Kriminalpolizei ermächtigt, Personen in „Vorbeugungshaft“ zu nehmen und in KZ einzuweisen. Polizei und SS etikettierten sie wegen ihrer Vorstrafen als „Berufsverbrecher“.
Wer aber waren die „kriminellen“ Häftlinge der Konzentrationslager? Auf welcher rechtlichen Basis wurden sie deportiert? Wegen welcher Delikte hatten sie Vorstrafen erhalten? Wie wandte die Kriminalpolizei das Label „Berufsverbrecher“ an? Welche Rolle spielten sie im Gefüge der „Häftlingsgesellschaft“?
In seinem neuen Buch geht Kranebitter den Biografien von 885 österreichischen „Berufsverbrechern“ des KZ Mauthausen nach. Die Geschichte der Konzentrationslager wird so aus einer bisher kaum beachteten Perspektive betrachtet. Das Buch widmet sich aber nicht nur der NS-Zeit, sondern auch der Geschichte der Kriminalpolitik in Österreich und dem Weiterleben der Stigmatisierungen in den (Familien-)Biografien dieser Opfergruppe nach 1945. Denn nach 1945 galten sie nicht als Opfer. Über sie wurde nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen, aber nicht geforscht.
Das Buch „Die Konstruktion von Kriminellen: Die Inhaftierung von ‚Berufsverbrechern‘ im KZ Mauthausen“ ist in der Serie „Mauthausen-Studien“ der new academic press erschienen.
Das Gespräch mit Andreas Kranebitter führt Historiker Bertrand Perz vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien.
Hinweis Anmeldung erforderlich
Dauer ca. 90 Minuten
Kosten gratis
Treffpunkt Im Veranstaltungsraum, 3. OG
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Abbildung
Andreas Kranebitter © DÖW / Daniel Shaked