Gerald Egger

TGA-Projektleiter

Vorgestellt 33 │ Februar 2022

 

 

Sie sind der Projektleiter für die technische Gebäudeausstattung (TGA), was umfasst das alles?

Das umfasst die Haustechnik mit Heizung, Lüftung und Klima, Sanitär und MSR, die Meß-Steuer-Regeltechnik, errichtet von der Firma ORTNER. Die Firma ELIN ist für die Elektrotechnik mit den Bereichen Sicherheitstechnik, Brandrauchentlüftungen und Brandmeldetechnik oder Druckbelüftungen für die Stiegenhäuser zuständig. Das ganze Paket also.

 

Das Wien Museum ist Ihr erster Museumsbau?

Ja. Die spezielle Herausforderung liegt darin, dass die Technik in der Architektur verschwinden soll. Am Ende soll alles schön aussehen und der enorme Technikeinbau unsichtbar sein. Und auch der Denkmalschutz ist Thema.

 

Es wird auch höhere Anforderungen an die Klima- und Sicherheitstechnik geben als beispielsweise in einem Firmengebäude.

Die Anforderungen der Klima- und Luftfeuchtetechnik sind natürlich extrem. Es muss im gesamten Gebäude ein gleichmäßiges Klima herrschen, in den Ausstellungsräumen konstant 20 bis 21 Grad mit 2 Grad plus oder minus Toleranz und, noch wichtiger, 50 Prozent Luftfeuchte mit 5 Prozent Toleranz, egal, wie heiß oder kalt es draußen ist. Für die Depots gibt es wieder andere Werte. Es gibt einen Katalog, der die Anforderungen für jeden Raumtyp auflistet.

 

Wie viele Systeme arbeiten dafür zusammen?

Fast alle Glasflächen sind aus Sage-Glas. In ihnen ist eine Elektronik integriert, die das Fenster automatisch verdunkelt, wenn sich die Außentemperatur erhöht und im Gebäude die Temperatur um sagen wir 0,5 Grad steigt. Dazu gibt es Klimaanlagen und Wärmetauscher, die mit den oben genannten geringen Toleranzen arbeiten. Wir arbeiten hier mit Geothermie. Dazu wurden 150 Meter tiefe Erdsonden gelegt, die über Wärmepumpen das Gebäude mit thermischer Energie versorgen. Sie entziehen dem Boden Energie und wandeln diese um, um sie für die Klimatisierung, zum Kühlen oder zum Heizen, zu verwenden. Die Wärmepumpen erzeugen insgesamt 760 kW Kälteleistung.

 

Ist Geothermie eine nachhaltige Technik?

Auf alle Fälle. Die Geothermie ist eine der nachhaltigsten Techniken, die es derzeit gibt. Es wird die konstante Temperatur der Erde benützt. Es braucht, bis auf den Strom für die Wärmepumpe, keine anderen Ressourcen.

 

Geothermie-Sonden für eine hocheffiziente Energieversorgung

Die erforderliche Wärme und Kälteenergie des neuen Wien Museums wird mittels zwei hocheffizienter Hybrid-Kälte-/Wärmepumpen erzeugt. Die Auslegungsdaten ergaben einen Jahreswirkungsgrad der Anlagen von 7. Das heißt, dass aus einem eingesetzten kW Strom 7 kW Wärme bzw. Kälte erzeugt werden. Dies wird durch die Nutzung des Energieinhaltes der Fortluftanlagen, der Klimaanlagen und durch Speicherung der Energie mittels 30 Geothermie-Sonden im Erdreich erzielt, die bis 150 Meter in die Tiefe gesetzt werden. In der Kühlsaison (Sommer) wird die Abwärme des Museums im Erdreich gespeichert und in der Heizsaison (Winter) für die Wärmeerzeugung aus dem Erdreich entnommen. Die durch die Entnahme der Wärmeenergie in der Heizsaison gekühlten Geothermie-Sonden dienen in der Kühlsaison als Kälte-Energieträger der Hybrid-Anlage.

 

Klimatechnisch werden auch Systeme aus dem Altbestand weiterverwendet?

Die Lüftungstechnik übernimmt die Luftverteilung im Gebäude, hierzu werden auch noch alte Lüftungskanäle verwendet. Insgesamt gibt es acht Lüftungsanlagen. Über die Lüftungskanäle wird Luft eingebracht, an verschiedenen Stellen mit Sensoren gemessen und je nach Anforderungen gesteuert. In einem Bereich brauche ich einen vierfachen Luftwechsel, in einem anderen einen zehnfachen. Zusätzlich gibt es im gesamten Ausstellungsbereich, über 3.500 m², ein Kühldeckensystem, welches mit gekühlter Flüssigkeit arbeitet.

 

Ist Wasser im Museum nicht heikel?

Ja, aber dieses High-Tech-System ist hierfür bestens geeignet und mit Sensortechnik besonders abgesichert.

 

Wir haben also intelligente Systeme in der Erde, im Glas, in den Wänden, in den Decken – was gibt es noch?

Die zentrale Leittechnik, die die gesamten Funktionalitäten im Gebäude steuert. Sie nennt sich MSR, Mess-Steuer-Regeltechnik. Wenn jemand ein Fenster öffnet, schaltet sich die Klimaanlage aus und dergleichen. Sie steuert alle Haustechnikanlagen.

 

Wie ist das mit der Überwachungstechnik?

Die läuft über das Gebäudesicherheitsmanagementsystem. Es steuert alle Sicherheitssysteme wie Alarm, Zutritt, Video, Fensterüberwachungen, Magnetkontakte, Glasbruchmelder und vieles mehr. Das spielt natürlich für ein Museum eine besonders große Rolle. Kein kleines Thema ist auch die Medientechnik – in den Veranstaltungsbereichen, bei den AV-Stationen in der Dauerausstellung. Dazu muss im Hintergrund ein stabiles Netzwerk, das die riesigen Datenmengen transportieren kann, vorhanden sein. Mit einer Steckdose ist es hier nicht getan… Es gibt also neben dem Haustechniknetzwerk ein eigenes Sicherheitstechniknetzwerk und ein eigenes Office-Netzwerk.

 

Und was ist, wenn es brennt, da wird sich wohl keine Sprinkleranlage einschalten?

Nein (lacht). Die Brandmeldesysteme, die einen Alarm auslösen, sind natürlich ein großes Thema. Sie übernehmen die Früherkennung und Detektion. Dann gibt es Brandentrauchungssysteme, Druckbelüftungen für die Stiegenhäuser und vieles mehr. Alles ist direkt mit der Feuerwehr verbunden, wie die Sicherheitstechnik mit der Polizei.

 

Seit wann arbeiten Sie denn auf der Baustelle?

Von Anfang an, wir arbeiten ja von unten mit. Zuerst mussten die Erdsonden versetzt werden, dann wurden der Blitzschutz und die Erdung mitaufgebaut. Bei jeder Betonnage müssen wir den Blitzschutz, die Erdung, die Leerverrohrung und Aufschließungen anlegen. Nachdem der Blitz gerne an den obersten Punkten in leitende Systeme einschlägt, und wir hier oben ein Riesenstahlfachgerüst haben, steckt da ein ziemlicher Aufwand dahinter. 

 

Zur Leerverrohrung: Wie viel Meter Kabelrohre werden hier am Ende verlegt sein, wie viel Tonnen Kabel gelegt?

Wir haben 2.150 m² Bauteilaktivierung, das ergibt sagen wir mal 11.000 m Rohre. Und für die Elektroleitungen werden circa 400.000 m Kabel und Rohre verlegt.

 

Das ist nicht wenig.

Diese Leerverrohrung in die Betonnage einzulegen, ist eine ziemliche Herausforderung. Natürlich legen wir das eine oder andere Rohr und den einen oder anderen Ausgang auf Reserve an, aber am Ende muss im Sichtbeton dann doch jede Leuchte an der richtigen Position mit dem richtigen Abstand anzuschließen sein. Jemand, der sich nicht mit dem Bau auskennt, hat keine Vorstellung, wie viel Aufwand hinter allem steckt.

 

Deswegen führen wir dieses Gespräch. Wie viele Mitarbeiter:innen arbeiten auf der Baustelle?

Im Schnitt 50 Personen, in Hochzeiten, ich rechne mit Mitte, Ende 2022, bis zu 150 Personen.

 

Arbeiten auch Frauen bei ELIN?

Ja natürlich! Firma Ortner und ELIN beschäftigen Frauen auf der Montage so wie in allen übrigen Geschäftsbereichen des Konzerns.

 

Was passiert gerade auf der Baustelle?

Die Verkabelung und Rohinstallation. Es werden die Kabeltassen, die Leitungswege hergestellt, die Verkabelung in den Decken und an den Wänden vorbereitet. Wir arbeiten uns im Laufe des Jahres vom Unter- ins Obergeschoss vor. Die Technikzentralen sind schon aufgebaut, ihnen wird jetzt Leben eingehaucht. Ende 2022, Anfang 2023 beginnen die Komplementierungsarbeiten, Einbau der Schalter, Messgeräte und so weiter. Mit Februar, März beginnt der Probebetrieb.

 

Haben oder hatten Sie Lieferprobleme wegen Covid?

Die Lieferzeiten haben sich deutlich verlängert, was früher sechs Wochen gebraucht hat, kommt jetzt nach sechs Monaten. Aber wir haben spezielle Verträge, unser Bestellmanagement angepasst und möglichst viel auf Lager gelegt.

 

Wie viel Zeit nehmen Sie sich für den Probebetrieb im Frühjahr 2023?

Auf alle Fälle drei Monate.

Ich kann mir vorstellen, dass das zwischenmenschlich eine schwierige Phase sein wird, wenn dann vielleicht nicht alles gleich so klappt wie erhofft oder vieles feinjustiert werden muss.

 

Oh ja. Gleichzeitig werden alle Büros besiedelt, wird die Dauerausstellung eingebaut. Aber wir bleiben ja auch nach Übergabe als Wartungsfirma erhalten. Mit einer sechsjährigen Gewährleistung.

 

Und dann kommen Sie ganz oft ins Wien Museum?

Natürlich, ich bin immer schon ins Wien Museum gegangen. Jetzt habe ich einen noch intensiveren Zugang. Ich glaube, dass es wirklich schön wird.
 

 


Gerald Egger, geboren 1967 in Weiz. Nach dem Lehrabschluss Elektromechaniker für Schwachstrom und der Werkmeisterprüfung für Industrieelektronik arbeitete er für mehrere Firmen, und seit 1998 für ELIN GmbH mit den Schwerpunkten Projekt Management Elektrotechnik/Sicherheitstechnik im In- und Ausland.

 

Für Wien Museum Neu ist er als TGA-Projektleiter der Generalunternehmergruppe PORR GmbH, ORTNER GmbH und ELIN GmbH für die technische Gebäudeausstattung verantwortlich.

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