Karina Karadensky

Nutzerabstimmung, Ausstellungsproduktion

Vorgestellt 17 │ Februar 2021

 

Du bist in Wien geboren und aufgewachsen. Hast Du das Wien Museum mit der Schule kennengelernt?

Natürlich. Aber ehrlich gesagt erinnere ich mich an diesen ersten Besuch nicht mehr. Später dann habe ich mir viele Sonderausstellungen angesehen.

 

Und welche ist Dir hier besonders in Erinnerung geblieben?

„Geteilte Geschichte“ über Gastarbeiter:innen in Wien von Gerhard Milchram und Vida Bakondy. Da gab es sehr persönliche Objekte und große Bildschirme im Raum, auf denen die Menschen einfach ihre Geschichte erzählt haben. Das fand ich sehr interessant und berührend.

 

Wie kamst Du 2018 ans Wien Museum?

Ich hatte kurz davor den /ecm-Lehrgang für Ausstellungstheorie und Praxis an der Universität für angewandte Kunst abgeschlossen und wollte mich nach einigen beruflichen Jahren abseits vom Museum mehr mit den aktuellen Diskursen im Museumsbereich, im Ausstellungsbereich beschäftigen. Dass hier jemand für den Bereich Ausstellungsproduktion gesucht wurde, passte da super.

 

Kuratorin wolltest Du nach dem Kunstgeschichtestudium nicht werden?

Das Studium ist so breit angelegt, damit kannst Du viel – und nichts werden. Ich habe einfach gesehen, dass meine Stärken in der Organisation liegen, bin gut strukturiert und recht stressresistent.

 

Und woher kommt Dein Know-how über Materialkunde, Drucktechniken, das Du für die Ausstellungsproduktion brauchst?

Das eignet man sich von Projekt zu Projekt an. Und ich lerne viel von meinen Kolleg:innen, die seit vielen Jahren in der Produktion arbeiten. Gerade, für die neue Ausstellung „Almost, Wiener Weltreisen 1873/2020“ am Bauzaun werden wir Experten für Sicherheitsschrauben, die verhindern, dass die Platten allzu leicht vom Zaun heruntergenommen werden können. Denn wir arbeiten nicht mehr mit Folien wie bei „Face it!“, weil es jetzt zu kalt ist, die halten nicht mehr. Überhaupt sind wir im Außenraum sehr vom Wetter – zu feucht, zu nass, zu kalt - abhängig.

 

Was umfasst die Ausstellungsproduktion noch?

Zeitplanung, Budgetplanung und -kontrolle, die Vertragslegung, Angebotseinholung und Rechnungsabwicklung, Einholung von Foto- und Filmrechten, Koordination des Auf- und Abbaus, also ganz viel Kommunikation mit den externen Partner:innen, den Gestalter:innen, den Kurator:innen und anderen Abteilungen im Museum. Ich bin die Schnittstelle, die alle verbindet.

 

Und mit wem arbeitest Du für die Bauzaunausstellungen?

Es gibt Architekt:innen und Grafiker:innen, die die Gestaltung planen – in diesem Fall Robert Rüf und solo ohne. Und dann die Firmen, die die Planung ausführen. Also Grafikproduktionsfirmen oder Tischler:innen. Übersetzer:innen und Lektor:innen, die vor allem im Austausch mit den Kurator:innen sind. Und natürlich arbeite ich eng mit den Kurator:innen und Künstler:innen zusammen.

 

Seitdem Du mit Christine Koblitz „Takeover“ kuratiert hast, bist Du aber auch Expertin für Jugendkultur und Street Art –– wie kam es dazu?

Das war wirklich ein glücklicher Zufall, dass ich 2019 zu „Takeover“ dazugestossen bin. Ich habe mich schon lange für Street Art interessiert. Auf Reisen habe ich immer geschaut, wo sind die Spots, wo die Künstler:innen besonders aktiv sind, habe Werke fotografiert, Galerien besucht und überhaupt auch viel über Street Art gelesen.

 

Auch die nächste Ausstellung am Bauzaun im Frühjahr/Sommer wird Street Art sein?

Ja, wir sind mitten in der Konzeption eines Projekts für Sommer 2021 und 22. Wir möchten an „Takeover“ anschließen und unsere Kontakte zur Wiener Street Art-Szene wieder aufgreifen. Der Bauzaun ist die ideale Leinwand dafür. Ich sehe das Ganze als Gesamtkonzept, als eine große Fläche, die von Künstler:innen gemeinsam gestaltet wird. Unter einem Thema, das mit dem Karlsplatz und seinen vielfältigen Nutzungsformen zu tun hat. Und es soll natürlich auch wieder eine „Wienerwand“ geben, das heißt, eine freie Fläche, die jede oder jeder zu jeder Zeit besprayen oder bemalen kann. In Wien gibt es ja viele freie Flächen, das zeichnet die Stadt aus, nicht zuletzt deswegen gibt es hier auch so eine große und vielfältige Szene.

 

Am Bauzaun verwirklichen sich leider nicht nur Künstler:innen, „Face it!“ wurde wiederholt von sogenannten Querdenker:innen beschmiert und zerstört. Wie geht Ihr damit um?

Wenn der eine oder andere Tag gesprayt wird, macht das nichts. Es ist ja doch ein Bauzaun. Aber wenn weltverschwörerische Beschmierungen und Hakenkreuze kommen, oder die abgebildeten Personen persönlich beleidigt werden, müssen wir reagieren. „Face it!“, also die Porträts von Menschen aus dem ersten Lockdown mit Maske, provozierte wohl insbesondere Coronaskeptiker:innen. Wir haben mehrmals neu gehängt, die Ausstellung dann aber ganz heruntergenommen und ins Netz gestellt. Vor allem auch aus Respekt vor den Abgebildeten. Am Bauzaun gezeigt haben wir dann eine kleine Ausstellung, die die Zerstörung der Ausstellung dokumentierte. Dazu gibt es auch einen Artikel im Online Magazin des Wien Museums.

 

Gehen wir hinter den Zaun. Du unterstützt den Projektleiter Heribert Fruhauf für das gesamte Projekt Wien Museum Neu. Was sind hier Deine Aufgaben?

Ich habe hier seit Anfang 2020 ganz viele Schnittstellenfunktionen, gerade im Bereich Leitsystem, Einrichtungsplanung und Nutzerabstimmung. Ich koordiniere die Termine und Feedbackrunden, kommuniziere unsere Fragen und Wünsche an die Architekt:innen – und wieder retour. Und ich unterstütze noch Elisabeth Graff und das Kompetenzteam Restaurierung, um den Überblick über die Einlagerung der zu schützenden Elemente, die ja aus dem Museum zum Großteil ausgebaut wurden, zu bewahren. Ich erstelle das Raumbuch für das Bundesdenkmalamt, eine Dokumentation mit allen Fotos und Befunden von den Restaurator:innen zu den sensiblen Bereichen wie Foyer oder Stiegenhaus.

 

Welche Einrichtung wird gerade geplant?

Bereiche wie Kassa, Infopoint, Shop, Garderobe. Hier überlegen wir uns, welche Möbel werden benötigt, wo werden sie stehen, welche Ansprüche gibt es an sie? Die Restaurierwerkstätten sind ein großes Thema, die Vermittlungsateliers werden eine ganz zentrale Rolle im Haus spielen. Hier planen wir ein modulares System, das zugleich als Tisch, Regal, Bühne verwendet werden kann. Wir überlegen uns aber nicht nur die Möbel, sondern auch: Wo sind die Abzüge, welche Anschlüsse braucht es? Beim Sonderausstellungsgeschoss geht es viel um Materialien, Vorsatzwände, möglichst große Flexibilität für unterschiedliche Ausstellungen. Wir versuchen, die Expertisen aus dem Haus miteinzubeziehen und unsere Bedürfnisse und die Ideen der Architekt:innen auf einen Nenner zu bringen.

 

Gibt es ein anderes Museum, dessen Einrichtung oder Leitsystem Du vorbildlich findest?

Ich bin eher die Fehlersuchmaschine, wenn ich ein anderes Haus besuche. Auf meiner letzten Reise – gefühlt eine Ewigkeit her – nach Liverpool und Manchester war ich in einem Museum, es gab im oberen Stock eine abschüssige Brüstung mit Blick nach unten. So abschüssig, dass nachträglich ein Schild aufgestellt wurde, in dem Sinn „Bitte nichts auf der Brüstung ablegen, es könnte hinunterfallen“. Unser Ziel wäre, dass keine nachträglichen Schilder nötig sind. 

 

Was bedeutet Leitsystem?

Hier geht es um das Orientierungssystem im Haus, dabei bin ich die Schnittstelle zwischen Grafik, Architekt:innen und Museum. Unser Team Leitsystem besteht aus sechs Personen aus den Bereichen Ausstellung, Vermittlung, Marketing, Publikationen, Direktion, Projektleitung.

 

Betrifft das auch in die Dauerausstellung?

Nur zum Teil. Es gibt Bereiche wie Toiletten oder das Stiegenhaus, wo das Leitsystem auch in der Dauerausstellung greift. Aber an und für sich gibt es in der Dauerausstellung ein eigenes Orientierungssystem, mit dem ich nichts zu tun habe.

 

Auf welche Räume im neuen Museum freust Du Dich?

Vor allem auf die Terrasse, die finde ich super für die Öffnung des Hauses. Die Vermittlungsateliers werden schöne, kreative Räume, wo tolle Sachen passieren werden. Und im selben Stockwerk wird es einen großen Veranstaltungsraum mit schöner Aussicht geben. Sehr gespannt bin ich neben der neuen Dauerausstellung auch auf die ersten Sonderausstellungen im neuen Geschoss!

 

 

Karina Karadensky, geboren 1987 in Wien. Studierte Kunstgeschichte und English and American Studies an der Universität Wien und dem University College Dublin und absolvierte 2018 den /ecm-Masterlehrgang für Ausstellungstheorie & Praxis an der Universität für angewandte Kunst Wien. Nach einer mehrjährigen Tätigkeit als Fachberatung für Bilder und Antiquitäten im Dorotheum arbeitete sie in den Bereichen Office Management sowie Organisation und Konzeption von Kulturveranstaltungen und -Projekten, u.a. für art:phalanx und die Esterházy Betriebe. Seit 2018 ist sie in der Abteilung Ausstellungsproduktion, seit 2019 in den Internen Services des Wien Museums tätig, hat u.a. „Takeover. Street Art & Skateboarding“ 2019 mit kuratiert und produziert. Im Wien Museum Neu ist sie als Schnittstelle für die Nutzerabstimmungen zuständig und für die Produktion der Ausstellungen am Bauzaun verantwortlich.

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