Michael Formanek

Restaurator

Vorgestellt 38 │ Juni 2022

 

 

Du bist Restaurator mit dem Fachgebiet Holz. Was ist denn der natürliche Feind von Holz?

Schlechtes Klima. Gerade in älteren Gebäuden gibt es oft feuchte Wände, das mag das Holz gar nicht. Und starke Schwankungen. Und Zentralheizungen. Sie trocknen die Luft im Winter aus. Trockene Luft führt dazu, dass die Holzobjekte anfangen, sich stark zu bewegen, einzelne Teile reißen.

 

Ich hätte gedacht, dass Ofenheizung eher zu starken Temperaturschwankungen in Räumen führt.

Die Temperatur selber ist gar nicht das Problem, mehr die Luftfeuchte. Auch ist früher einfach weniger geheizt worden und die Räume waren zugiger, also besser belüftet. Jetzt sind die Wohnungen oft völlig abgedichtet. Das hat das Problem verstärkt.

 

Kommen wir zu Wien Museum Neu. Als einer von drei externen Restauratoren hast Du die Sanierung des Haerdtl-Gebäudes bereits sehr früh, vor Baubeginn begleitet.

Ich habe alle Holzelemente im Museum bauhistorisch begutachtet. Und vor dem Umbau demontiert, um sie vor Baufeuchte und Beschädigungen zu schützen. Darunter fielen die Handläufe des Hauptstiegenhauses, ein Beamtenbüro im ersten Stock wie auch die Haerdtl-Direktion und die ehemalige Portiersloge. Sie wurde allerdings von Restaurator Franz Bauer ausgebaut.

 

Und das alles wird nach Fertigstellung des Baus wieder eingebaut?

Ja, größtenteils, wobei hier natürlich auch Brandschutz nach heutigen Normen und anderes beachtet werden muss. Aus der Perspektive des Denkmalschutzes ist es schon diffizil, so ein Gebäude zu modernisieren.

 

Wie ist der Weg eines Holzobjekts vom Ausbau bis zum Wiedereinbau?

Zuerst wird festgehalten, wie das Objekt vor Ort eingebaut ist. Dann wird auch der Ausbau genau dokumentiert. Schließlich werden alle Objekte sorgfältig restauriert und soweit als möglich wieder in den von Oswald Haerdtl historisch intendierten Zustand zurückgeführt. Seit der Eröffnung 1959 wurde schon einiges verändert. Die Handläufe waren zum Teil überstrichen worden, deckend statt lasierend, mit anderen Farben. Die Haerdtl-Direktion ist in einem guten Zustand, sie wurde vor rund 15 Jahren zum letzten Mal restauriert. Allerdings gab es eine kalte Außenwand, an der wohl Taufeuchte entstanden war. Die daraus entstandenen konstruktiven Schäden an einem der Schränke werden nun behoben.

 

Welche Schäden liegen gewöhnlich vor Dir auf der Werkbank?

Bei historischen Hölzern ist oft etwas gebrochen, das wird dann wieder verleimt. Nach Holzwurmbefall - alle Objekte werden zuerst mit Stickstoff gegen Schädlingsbefall behandelt - werden Leerräume mit Festigungsmedien aufgefüllt und das Holz wieder gestärkt. Im schlimmsten Fall müssen Teile ersetzt werden. Dabei orientiert man sich soweit wie möglich am Original. Bei der Haerdtl-Direktion gibt es den speziellen Fall, dass hier schon moderne Materialien verwendet wurden. Span- und Sperrholzplatten wurden verbaut. Hier werden wir uns Techniken überlegen, wie man diese Eingriffe wieder rückformen kann.

 

Welche „Holzersatzteile“ werden verwendet?

In der Holzrestaurierung wird oft versucht, im System zu bleiben. Das heißt, dass man dieselbe Art verwendet. Eiche für Eiche und so weiter. Es müssen aber nicht unbedingt alte Hölzer sein. Es geht eher um die Maserung, um die Struktur. Und um ein ähnliches Verhalten. Stark gealtertes Holz bewegt sich nicht so viel anders als jüngeres.

 

Im November 2019 hast Du die restauratorische Betreuung der Möbel- und Rahmensammlung und aller Holzobjekte der Sammlung übernommen. An welchen Objekten arbeitest Du gerade?

Ich bin gerade hauptsächlich mit der neuen Dauerausstellung beschäftigt. Mit den historischen Wohnräumen, also dem Grillparzer- und Loos-Zimmer und dem Pompejanischen Salon. Die kleineren Objekte laufen eher nebenher, ein Teil der Zierrahmen zum Beispiel wurde schon restauriert, hier ging es vorwiegend um Vergoldungen.

 

Beim Loos-Zimmer gibt es recht große Adaptierungen?

Das Loos-Zimmer kam erst zur Eröffnung des Wien Museums 1959 in die Sammlung. Bis dahin stand es in einer Privatwohnung. Es kamen damals nicht alle Teile mit, einige musste man nachbauen. Im Endeffekt musste für die spezielle Ausstellungssituation die Wandvertäfelung adaptiert werden, Türbreiten wurden verändert. Mit der Kuratorin Eva Maria Orosz habe ich viel Zeit mit Recherche, mit Fotoanalyse verbracht, und wir versuchen jetzt, wieder mehr den ursprünglichen Loos-Entwurf zu zeigen. Von der restauratorischen Seite her schaue ich, dass Adaptierungen und Umbauten wieder rückgeführt werden. Auch die Oberfläche, die stark verändert wurde, wird wieder vereinheitlicht.

 

Ist nicht der Galawagen des Bürgermeisters auch in Arbeit?

Die Kutsche wird auch noch bis Ende dieses Jahres restauriert. Als leitendender Restaurator ist man sehr mit der Vergabe und Koordination von Restaurierungsarbeiten beschäftigt, mit der Betreuung der ausführenden Restauror:innen. Ich versuche zwar, auch immer wieder, direkt am Objekt zu arbeiten, an der Kutsche ist mein Part aber eher klein.

 

Für die einzelnen Objekte werden externe Holzrestaurator:innen herangezogen?

Ja, es gibt einige sehr gute Holzrestaurator*innen in Wien und Umgebung. Die meisten kenne ich aus meiner Zeit als selbständiger Restaurator oder vom Studium. Nachdem es das Studium noch gar nicht so lange gibt, gibt es nicht allzu viele akademisch ausgebildete Holzrestaurator:innen.

 

Wie wurde man früher Holzrestaurator oder Holzrestauratorin?

In der Regel über das Handwerk, über die Tischlerei. Die kunsthistorischen und chemischen Kenntnisse hat man sich dann aus Interesse oder Notwendigkeit angeeignet. Das heutige Studium dauert fünf Jahre, ist ein Diplomstudium.

 

Nachdem Du erzählt hast, dass Ihr jetzt Restaurierungen von früher wieder rückführt und viel mehr auf das Original achtet: Geht die Restaurierung heute sensibler vor als früher?

Ja, da hat sich viel geändert. Schon allein, weil die Holzrestaurierung früher vom Handwerk kam. Weniger von der akademischen Forschung her. Auch heute kommt es noch vor, dass es bei „Restaurierungen“ eher um die Funktion oder glänzenden Oberflächen denn um die Historie geht. Aber im Museum ist der Ansatz jetzt ein ganz anderer: Historische Spuren sollen erhalten werden, unsachgemäße Überarbeitungen werden nach Möglichkeit entfernt.

 

Und wie bist Du zum Holzrestaurierungsstudium gekommen?

Ich bin erst über die BEST (Berufsfachmesse) auf die Restaurator-Ausbildung gestoßen. Nachdem ich mich mit Porträtzeichnen und -malen beschäftigt hatte, wollte ich allerdings zur Gemälderestaurierung. Hier gab es aber nach den Einführungssemestern zu wenig Platz, und so kam ich zum Holz. Auch weil ich hobbymäßig schon mit Holz gearbeitet hatte.

 

Also ist Holz auch Dein Hobby?

Ich habe schon im Studium alte Holzwerkzeuge gesammelt und wiederhergestellt, mit dem Ziel, sie wieder in der Restaurierung einzusetzen. Und ich hab‘ auch eine kleine private Werkstatt, mache selber viel aus Holz für die Wohnung.

 

Welche Holzart magst Du besonders?

Eigentlich die Ulme. Ich habe zu Hause einiges aus Ulme, sie hat eine besondere Maserung. Wird aber nicht allzu oft verwendet, es gibt nicht viel Ulmenholz.

 

Zurück zur Baustelle: Wann werden denn die restaurierten Haerdtl-Holzelemente wieder eingebaut?

Die ersten Teile heuer im Herbst, wie die Liftkabine, die dann ja eine Art Ausstellungsstück im Untergeschoss, im ehemaligen Liftschacht, ist. Es gibt aber noch keine fixen Termine für die anderen Teile. Wahrscheinlich im Frühjahr 2023, mit dem Einbau der neuen Dauerausstellung.

 

Wird in Zukunft Holz auch wieder am Karlsplatz restauriert?

Die Restaurierungswerkstätten sind auf der hinteren Seite des neuen Obergeschosses. Großobjekte aus Holz werden aber sicher weiter in den Werkstätten im Depot bearbeitet.

 

Wie findest Du den Um- bzw. Ausbau generell?

Mir gefällt der Entwurf eigentlich gut, ich kann mir auch vorstellen, dass der Museumsvorplatz sehr aufgewertet wird. Viel offener zum Karlsplatz hin. Außerdem ist es echt super, dass das Wien Museum wieder ein freistehendes Gebäude ist.

 

Hast Du zum Karlsplatz selber eine besondere Beziehung?

Ich habe in der Karlskirche schon einiges restauriert beziehungsweise untersucht, Kirchenbänke, Beichtstühle, das Oratorium. Hier gibt es reichlich Holzausstattung.

 

 

 

Michael Formanek, geboren 1984 in Wien. 2003 bis 2009 Studium der Konservierung und Restaurierung an der Akademie der Bildenden Künste, Wien mit dem Schwerpunkt Holz. 2005 bis 2015 freier Mitarbeiter der Kopp Restauratoren GmbH. Seit 2010 freiberufliche Tätigkeit im Atelier der „Restaurierung Formánek GesbR“ (u.a. Abbau/Konservierung „Arabisches Zimmer“, Wien Museum, Befundung U-Bahn-Stationen, Otto Wagner, Wien). Seit 2018 Lektor an der Akademie der Bildenden Künste, IKR, Fachbereich Objekte, Schwerpunkt Holz. Seit 2019 hat Michael Formanek die restauratorische Betreuung der Möbel- und Rahmensammlung und aller Holzobjekte der Sammlung des Wien Museums übernommen.

 

Für Wien Museum Neu begleitet Michael Formanek seit 2018 den Aus- und Wiedereinbau aller historischen Holzelemente sowie die Restaurierung der Holzobjekte.

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