Rudolf Öhler

Polier

Vorgestellt 25 │ August 2021

 

 

Wie wird man Polier?

Ich wollte als 10-jähriger Bub Maurer lernen. Habe Maurer gelernt, als Maurer gearbeitet, die Gesellenprüfung gemacht, ging zum Bundesherr, kam zurück und fragte mich: „Ist das der richtige Job für dich?“.

 

Das war er nicht?

Ich habe mich dann für die Polierschule entschieden und bin nochmal zwei Jahre nach der Baustelle am Abend in die Werkmeisterschule gegangen.

 

Arbeiteten Deine Eltern auch in der Baubranche?

Nein, gar nicht, der Vater KFZ-Mechaniker, der Bruder Einzelhandelskaufmann, sie fanden den Berufswunsch auch anfangs nicht wirklich gut. Aber mein Traum war es immer, ein Haus zu kaufen und selber umzubauen. Diesen habe ich mir mittlerweile im Weinviertel verwirklicht.

 

Und da hat Lego nicht gereicht?

Nein. Auch nicht Matador.

 

Du betonst, dass Du als Polier angestellt bist, ist das nicht normal?

Oft arbeitest Du im Arbeitsverhältnis, also nur für ein Bauprojekt. Die PORR hat einen guten Weg mit mir gemacht, ich wurde gleich angestellt, obwohl ich von einer kleinen Firma kam. Dann habe ich zuerst als Abschnittspolier gearbeitet, dann die erste kleine Baustelle bekommen. Zusammen mit Stefan Posch. Wir arbeiten schon seit 13 Jahren zusammen, die Baustellen wurden immer größer.

 

Was war Deine größte Baustelle bisher?

Bis jetzt mit Abstand die für den Pharmakonzern Boehringer Ingelheim. Hier haben wir ein ganzes Gelände gebaut, mit Produktionshallen, allen Nebengebäuden, Straßen. Dreieinhalb Jahre Baustelle auf der Altmannsdorfer Straße.

 

Nicht viel weniger wird es hier am Karlsplatz werden.

Wenn es um die technische Komplexität geht, ist nicht viel Unterschied, richtig.

 

Was ist der Verantwortungsbereich des Poliers, des Baustellenleiters?

Ich bin zuständig für die ganzen Lieferungen und Lagerungen und für die Baustellenkoordination. Die Bauzeitpläne, die von der Projektleitung und den Bauleiter:innen kommen, versucht der Polier umzusetzen. Wenn wir GU (Generalunternehmer, Anm.) sind wie hier, koordiniere ich alle Gewerke auf der Baustelle.

 

Wie weit voraus reichen die Detailzeitpläne, die Du umsetzt?

14 Tage. Ich arbeite eigentlich von Woche zu Woche. Welche Stahlträger brauchen wir als nächstes, welche Eisen müssen geliefert werden.

 

Bist Du der einzige Polier?

Ich bin der Bauführer, aber es gibt noch einen zweiten Polier, meinen Kollegen, den Stadler Leo. Am letzten Projekt waren wir mit mir als Bauführer sieben Poliere und rund fünf Vizepoliere.

 

Wie viele Gewerke arbeiten gerade auf der Baustelle?

Fünf bis sechs sind es derzeit vom Bau, sowie Firma ELIN als Elektriker und Firma ORTNER als Installateur. Diese bauen zum Beispiel gerade die Betonkernaktivierung ein.

 

Was ist das?

Die Heizung und die Kühlung, die in der Wand läuft. Der Stahlbauer war letzte Woche da und hat die Stahlträger eingezogen.

 

Du teilst aber auch das Personal ein?

Ja, aber nur das, das mit uns, rein mit dem Bau, zu tun hat. Die Zimmerer, die Maurer, die Helfer. Die Anderen bekommen von uns das Wochenprogramm, und werden durch uns koordiniert.

 

Frauen spielen auf der Baustelle keine große Rolle?

Oh doch, immer mehr, aber eher in der Bauleitung als direkt auf der Baustelle. Gerade habe ich eine Praktikantin von der HTL auf der Baustelle herumgeführt.

 

Seid ihr auf der Baustelle alle per Du?

Ja, das ist so üblich. Man redet sich so leichter.

 

Wie ist hier die Hierarchie?

Auf der Baustelle bin ich der Chef, dann kommt der Polier, der Leo, dann kommen die drei Anleger, die die Bauteile aufreißen und anzeichnen. Also die eigentlich den Plan auf die Baustelle übertragen. Wenn sie die Linien eingezeichnet haben, kommt schon der Zimmerer.

 

Und wie kommt es dann zur fertigen Wand?

Der Schalungsbauer stellt die Schalung auf einer Seite auf.  Dann kommt der Eisenbieger, der bindet die Bewehrung rein. Dann kommt wieder der Zimmerer und schließt die Schalung und dann wird sie noch am gleichen Tag mit Beton ausgegossen.

 

Was sind gerade die großen Themen?

Die Sichtbetonwände aus Weißzement, also das Hochziehen der Wände im Atrium, und dass die Einbauteile für den Stahlbau zeitgerecht versetzt werden können. Die Wände müssen fertig sein und alle Einbauteile montiert, bevor das Stahlfachwerk, das dann dort aufsitzt, geliefert wird.

 

Was heißt das?

Das Stahlfachwerk wird aus Kärnten in großen Teilen fertig geliefert. Dazu werden seit Monaten viele Sonder- und Spezialtransporte eingeteilt. Für das Heben des Stahlfachwerkes kommt ein Kran, der ist so groß, dass rund 45 LKWs das Material für den Aufbau des Krans herbeischaffen müssen. Alleine der Aufbau dauert eine Woche. Der Kran kann dann nur auf den aufgebauten Platten fahren. Dann erfolgt ein paar Wochen Montage des Stahlfachwerks und eine Woche Abbau des Krans.

 

Sind diese vier Wochen dann die größte Herausforderung dieser Baustelle für Dich?

Absolut. Alles muss genau aufeinander abgestimmt sein, der Aufbau des 650 Tonnen schwere Raupenkrans und der Transport des riesigen Stahlfachwerks.

 

Und auf dieses Stahlfachwerk kommt dann die Stahlkonstruktion des neuen Obergeschoßes?

Genau, dieses Fachwerk ist Teil der Stahlkonstruktion.

 

Wie findest Du diese Baustelle generell?

Spannend, weil sie so unterschiedlich ist. Du hast Abbruch- und Aufbauarbeiten, viele Stemmarbeiten. So etwas hast Du im reinen Neubau nicht. Hier muss ich sehr sorgfältig arbeiten, genau überlegen, was wegkommt, was bleibt.

 

Wie sieht Deine Arbeitswoche aus?

Die Bauleiter und wir, die zwei Poliere, sitzen jeden Donnerstag und Freitag zusammen und erstellen das Programm für die nächste Woche. Da ist dabei: Die Eisen- und Betonlieferungen, wann wir welche Wand betonieren, die ganzen Lieferungen, die wir benötigen. Und ab Montag versuchen wir das Ganze vollständig umzusetzen. Alle anderen Firmen wie der Elektriker und der Installateur bekommen auch das Wochenprogramm, damit sie wissen, wo welche Wand hergestellt wird. Es ist also jede Woche anders und aufs Neue geplant.

 

Gibt es Lieferengpässe wegen Covid?

Gab es jetzt einige. Bei den Lieferzeiten und Bestellfristen der Bewehrung, der Wärmedämmung und dem Holz gibt es immer wieder Schwierigkeiten. Ich muss alles jetzt zwei bis drei Wochen vorher bestellen, früher reichte es zwei bis drei Tage, maximal eine Woche vor Lieferung.

 

Gibt es nicht große Sammelbestellungen, die dann auch günstiger sind?

Soweit möglich, wie bei den Ziegeln schon, aber das ist ein Lagerproblem. Ich habe auf einer Baustelle wie hier, mitten in der Stadt, kaum Lagermöglichkeiten. Auch der Installateur und der Eisenbieger brauchen Platz, was die Lagerflächen sehr begrenzt.

 

Covid-19 hattet Ihr im letzten Jahr gut im Griff?

Ja, zum Glück. Wir haben einen eigenen kleinen Testcontainer hingestellt, damit wir unsere wöchentlichen Baustellentests durchführen können.

 

Wirst Du mal ins Museum kommen, wenn es fertig ist?

Ich muss gestehen, ich war vorher noch nie im Wien Museum. Das ist als Wiener eigentlich eh eine Schande. Aber dann komme ich sicher, 100-prozentig!

 

 

 

Rudolf Öhler, geboren 1970 in Wien. Ausbildung zum Maurer, 1992 bis 1994 Weiterbildung auf der Werkmeister-Abendschule zum Polier. Seit 1996 arbeitete er als Polier, seit 2005 angestellt bei der PORR Bau GmbH.

 

Rudolf Öhler leitet als Bauführer für den Generalunternehmer PORR Bau GmbH, Elin GmbH und Ortner GmbH die Baustelle am Karlsplatz.

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