Vorgestellt 50 │ Februar 2023
Gerade habe ich Dich um Hilfe gebeten, ZOOM funktioniert auf meinem PC nicht mehr. Wie viele solcher IT-Hilferufe bekommst Du am Tag?
10 bis 20 im Moment. Weniger als sonst, was wohl daran liegt, dass noch viele Kolleg:innen im Homeoffice arbeiten.
Was sind gerade die Probleme?
Im Moment Zoom, gefolgt von Druckerproblemen. Ich habe das Glück, dass ich einen Job habe, bei dem man vieles schnell lösen kann und so schnell positives Feedback bekommt. Das fühlt sich gut an. Deswegen mag ich Drucker nicht. Hier gibt es selten eine einfache und schnelle Lösung.
Bitte beschreibe kurz, was alles in Deinen Bereich fällt.
Grob gesagt: Das Betreiben der IT-Infrastruktur des Museums, also alles was Internet, Bildschirme, Telefone, Handys, Ausstellungstechnik betrifft, sowie der Support, also die Unterstützung der Mitarbeiter:innen bei der Anwendung. Ich bin dafür verantwortlich, dass alles installiert ist und funktioniert, und dass alle Systeme zukunftsfit sind. Ich bin auch budgetverantwortlich für die digitale Strategie. Ich muss nicht nur wissen, was es heute, sondern auch, was es in zehn Jahren voraussichtlich kosten wird, gesamt und pro Arbeitsstelle.
Du hast vorher bei Telekom Austria gearbeitet. Was unterscheidet ein Museum von einem Telefondienstleister im IT-Bereich?
Die Prozesse unterscheiden sich. Bei einem so großen Dienstleistungsunternehmen wie der Telekom hast Du viele festgelegte Prozesse, die genau definiert sind und immer gleich ablaufen. Das ist fein, weil Du dadurch immer weißt, wann was zu tun ist. Beim Museum gibt es wenige festgelegte Prozesse. Dass macht den Arbeitsalltag unberechenbarer, dafür spannender und auch schöner. Man ist hier einfach überall dabei, und ständig poppt etwas Neues auf.
Du sprichst vom schnellen, positiven Feedback. Liegen bei IT-Problemen nicht auch schnell einmal die Nerven blank? Ich denke schon, dass Du gut mit Menschen umgehen und sehr stressresistent sein musst.
Ja, manche weinen, manche drohen. Ich sehe das professionell: Um zu einem positiven Abschluss zu kommen, muss man deeskalieren, den Menschen in seinem Zustand abholen, herausfinden, was das Problem tatsächlich ist. Oft ist es gar nicht das, was die Leute beschreiben.
Du musst also auch einiges an psychologischer und detektivischer Arbeit leisten. Wissen, wie Dein Gegenüber tickt. Hattest Du dazu Schulungen?
Viel zu wenige! Aber es macht unser aller Leben leichter, wenn mir das gelingt. Ein bisschen Talent und Erfahrung helfen dabei. Und ich mache meinen Job auch wirklich gerne. Ich spreche gerne mit Leuten und ich löse wirklich gerne Probleme.
Wie groß ist die IT-Abteilung?
Wir sind zu zweit. Und unterstützen noch den Kollegen in der Stadtarchäologie.
Was waren denn die großen Projekte der letzten Jahre, abseits des Umbaus?
Auf jeden Fall der Umstieg der Objekteverwaltungssoftware auf „Museum Plus“. Durch die Entwicklung und Implementierung des neuen Programms wurde auch die kuratorische Arbeit im Bereich Objektfotoverwaltung, Digital Rights Management, Metadatenverwaltung und so weiter neu strukturiert. Die Übertragung jedes einzelnen Dateifelds aus dem alten System war eine Herausforderung. Wird es zum Textfeld, zu einem Dropdownmenü…?
Bei einer Million Objekten, die schon jetzt in der Objektdatenbank abgebildet werden, kein kleines Unterfangen.
Ja, und die Datenbank wächst ja weiter. Reine Datenablage sind 12 Terrabyte. Für diese Installation haben wir drei Server, einen für Datenablage, einen für die Datenbank und einen für die Benutzeroberfläche, das Application Interface.
Bei so viel Datentransfer fällt mir gleich das Thema Nachhaltigkeit ein.
In der IT ist das relativ simpel: Verbrauch ist gleich Geld. Das heißt, wir tendieren generell dazu, mit neuen Technologien und Synergieeffekten Verbrauch zu minimieren. Das ist inhärent, in all unserem Tun. Je mehr Leute einen Dienst nutzen, umso geringer ist der Verbrauch pro Nutzer.
Hinter der Objektdatenbank steht das reale Depot, in dem die Objekte aufbewahrt werden. Vor ein paar Jahren wurde es neu gebaut und eingerichtet, wie stellt sich hier die Verbindung zur digitalen Datenbank dar?
Wir haben den dreidimensionalen Raum in eine zweidimensionale Zahlenreihe umgesetzt. Kurz gesagt: In „Museum Plus“ siehst Du, in welchem Regal das Objekt liegt, bzw. kannst Du im System mit Mausklick das Objekt verstandorten. Hört sich jetzt kompliziert an, ist aber im Endeffekt easy.
Diese Datenbank „Museum Plus“ ist eine interne, unsere Besucher:innen kennen aber die Online Sammlung, die ja auch auf „Museum Plus“ fußt.
Ja, auch das ist ein Herzensprojekt von mir. Hier war die Herausforderung, wie ich Menschen, die gar nicht wissen, was es im Museum gibt, was man suchen kann, möglichst fokussiert die Sammlung präsentieren kann und dabei zusätzlich das Suchsystem so professionell anzubieten, dass es auch für die Menschen, die genau wissen, was sie suchen, perfekt ist. Eine schwierige Balance.
Kommen wir zu Wien Museum Neu. Wir treffen uns regelmäßig zur Neuaufstellung der digitalen Welt des Wien Museums. Das Herzstück davon ist der Bereich Ticketing/Kassa/Zutrittskontrolle. Was sind hier die Herausforderungen?
Auf der Metaebene ist die Herausforderung, Prozesse zu etablieren, unabhängig von Personen Arbeitsabläufe zu schaffen, die funktionieren und die Abteilungen enger miteinander zu verzahnen.
Und was muss die Kassa von heute können?
Sie muss leicht zu bedienen sein. Alle komplexen Vorgänge müssen im Hintergrund von einem anderen Team erledigt werden. Wer hinter der Kassa sitzt, soll sich ganz auf die Kernkompetenz, die direkte Kommunikation mit den Besucher:innen fokussieren können. Und möglichst wenig zum Herumdrücken haben.
Und was bedeutet Zutrittskontrolle in der digitalen Welt?
Ist jemand berechtigt, wo hinein zu gehen? Und woran sehe ich das? Und wann ist er oder sie nicht mehr dazu berechtigt? Im Hinblick auf Brandschutz und Evakuierung müssen wir wissen, wie laufen die Besucherströme, wie viele Menschen befinden sich zu welchem Zeitpunkt in welchem Abschnitt des Gebäudes?
Und wie erfassen wir die Besucherströme?
Mit Kameras, die wiederum mit dem Ticketing kommunizieren müssen, damit die Kassen wissen, ob noch Tickets ausgestellt werden können. Insofern das nicht bereits über Timeslot-Tickets geregelt ist.
Wie ist das mit der Kamera und dem Datenschutz?
Wir haben uns ganz bewusst gegen Tracking entschieden. Wir tracken keine Menschen, wir müssen nur die Menge an Menschen erkennen. Und wir möchten Besucherströme visualisieren können, um zu sehen und zu lernen, wie Menschen durch eine Ausstellung gehen.
Du begleitest auch die neue Website, den digitalen Guide, das CRM, also die neue Adressverwaltung und vieles mehr. Wie breit muss ein Museum heute aufgestellt sein? Was muss die digitale Museumswelt den Besucher:innen bieten?
Die Vermittlungsarbeit muss breit aufgestellt werden. Hier hat sich in den letzten Jahren enorm viel verändert. Also nicht nur vor dem Objekt zu stehen und eine Geschichte zu erzählen, sondern auch alle digitalen Kanäle für die Vermittlungsarbeit zu nutzen, nicht nur für Ausstellungen, sondern auch für das dahinterliegende Sammeln und Forschen, wie es hier am Wien Museum über Website, Online Sammlung, Social Media, Newsletter und Online Magazin passiert. Im neuen digitalen Guide werden auch Restaurierungsvideos zu sehen sein. Das finde ich super. Die Bandbreite, was in einem Museum an Arbeit geleistet wird, ist riesig. Und so kann man sie zeigen.
Im April beziehen die Mitarbeiter:innen die neuen Büros am Karlsplatz. Wie sieht die IT vor Ort aus? Worauf können wir uns freuen?
Auf eine wirklich gute Wlan-Abdeckung, auf wahnsinnig schnelles Internet. Also so richtig schnell. Dann wird das gesamte Gebäude eine Mobilfunkzelle aller Mobilanbieter sein. Also lückenloser Empfang. Und jede Steckdose wird tadellos funktionieren… das war beim alten Museum nicht so. Und natürlich können auch unsere Besucher:innen das Wlan nutzen.
Rund 100 Medienstationen wird die neue Dauerausstellung beinhalten. Was ist hier Deine Aufgabe?
Hier werden zumindest die beteiligten Techniker:innen sehr froh sein, dass sie an den richtigen Stellen das finden, was sie brauchen. Also meine Aufgabe war, die Hausinfrastruktur so zu planen, dass dann, wenn die Kolleg:innen mit der Ausstellungsplanung fertig sind, alles möglich ist. Die Systeme werden sehr flexibel sein.
Und möglichst nach außen hin unsichtbar sollten diese Systeme ja auch sein.
Genau! Geplant habe ich mit dem Elektroplaner des Architekturbüros und der Firma Elin, dem Projektleiter Gerhard Egger der TGA (Link).
Wenn das neue Museum eröffnet ist, wie sieht dann Dein Arbeitsalltag aus?
Ach, wir haben 21 Standorte, 200 Mitarbeiter:innen, es wird nicht fad. Ich habe noch einige Ideen, wie man den Arbeitsalltag erleichtern kann. Aber die sind noch nicht budgetiert. Es gibt hier unbegrenzte Möglichkeiten. Dabei ist in der IT das Verhältnis von investiertem Geld zum Output relativ günstig, möchte ich mal anmerken.
Das ist doch erfreulich. Damit komme ich zur Abschlussfrage: Worauf freust Du Dich im neuen Haus?
Auf die Terrasse, keine Frage. Aber tatsächlich darauf, dass wirklich alle Stecker, alle Kabel funktionieren werden und ich nichts mehr suchen muss. Das alte Gebäude war wirklich sehr, sehr „reif“.
Stefan Tunea, geboren 1974 Timisoara/Rumänien. Ausbildung zum Netzwerktechniker und Systemadministrator. Er arbeitete als Einsatzleiter für den Pannendienst bei ARBÖ Wien, im Bereich Business Support und Key Account Support bei Telekom Austria und verantwortet seit 2012 im Wien Museum den Bereich IT und audiovisuelle Medien.