Zeitgenössische Kunst aus Aserbaidschan
18. April – 25. April 2002
Zeitgenössische Kunst aus Aserbaidschan
Die Ausstellung "Zeitgenössische Kunst aus Aserbaidschan" wird im Rahmen der ersten aserbaidschanischen Kulturtage in Österreich veranstaltet. Die Arbeiten werden den Besuchern vom 18. April 2002 bis 25. April 2002 zugänglich sein.
Die Hauptidee dieser Ausstellung besteht darin, die große Vielfalt an Stilrichtungen in Aserbaidschan sowie die Faktoren, die die aserbaidschanischen Künstler beeinflusst haben, aufzuzeigen und sich mit den Arbeiten der Begründer zeitgenössischer aserbaidschanischer Kunst vertraut zu machen.
Natürlich spielen 70 Jahre Kommunismus bei der Entstehung des sogenannten sozialistischen Realismus – auch in Aserbaidschan – eine entscheidende Rolle. Während internationale Künstler tendenziell Bilder der Verzweiflung, des Elends und der Depression malen, mit wenig Hoffnung auf Besserung außer durch das große Allheilmittel Erdöl, verlangte der sozialistische Realismus von den Künstlern, das Leben voll von ewigem Optimismus zu malen, Bilder voll Mut, Zuversicht und Entschlossenheit.
Wie in allen Völkern der Erde gab es selbstverständlich jene, die sich den Göttern der Ideologie unterworfen haben, sei es Despotismus, Tyrannei, Kommerzialismus oder was auch immer – und es gibt sie immer noch und wird sie immer geben. Schließlich müssen Künstler essen, genau wie wir alle. Darum wurden zahllose Gemälde den ruhmreichen Taten des Proletariats in den Sowjetrepubliken gewidmet. In Aserbaidschan erscheinen sie in Gestalt sehniger, hartgesottener Erdölarbeiter und sonnengegerbter Kollektivbauern.
Ab den späten 1950er und 1960er Jahren bildete das, was heute als die "Absheron-Schule" bezeichnet wird, die ideologische Grundlage für Aserbaidschans moderne Kunstbewegung. Östlich von Baku auf jener Halbinsel, die den "Adlerkopf" der aserbaidschanischen Landkarte bildet, liegt ein kleines Dorf namens Busovna, wo diese Bewegung in einem halb verfallenen Landhäuschen begründet wurde.
Die Absheron-Schule hat ihren ganz eigenen Charakter. Die Arbeiten sind leidenschaftlich, provokant, häufig rätselhaft und immer hochpolitisch. Sie sind tief durchdrungen von kräftigen Farben, erstrahlend in der unbarmherzigen Sonne von Absheron. Formen werden überzeichnet, und die Arbeiten sind nicht unbedingt "hübsch" anzusehen; sie beißen und treten und kreischen in ihrem Versuch das Establishment zu bekämpfen. Es ist dies das Erbe, durch welches die jungen Künstler, die heute in Aserbaidschan malen und Skulpturen gestalten, beeinflusst wurden.
Für den aserbaidschanischen Künstler Tahir Salahov ist Rot eine Farbe, die man am besten zurückhaltend einsetzt. Sie eignet sich großartig für die Akzentuierung bestimmter Objekte, ob sie nun von Natur aus rot sind wie Chilischoten, Granatäpfel oder Bücher, oder Objekte, die man normalerweise nicht mit Rot assoziiert, wie ein Öltanker, eine Ölpipeline, ein Hemd, eine Windmühle oder sogar der Eiffelturm in Paris. In Salahovs frühen Arbeiten war der Rest der Leinwand, abgesehen von diesen roten Akzenten, typischerweise in neutralen Farbtönen gehalten, von hellgrau und beige bis hin zu dunkleren Tönen von Oliv, Braun und Schwarz. Nimmt man das Rot heraus, das offensichtlich mit dem Kommunismus in Zusammenhang steht, so verliert das Bild seinen dramatischen Anklang.
Salahovs Entwicklung als Künstler, der in den 1950er Jahren zu malen begann, wurde zu einem großen Teil durch den Auftrag der sowjetischen Regierung geprägt – nämlich, dass alle Künstler nach dem als "sozialistischen Realismus" definierten Stil malen sollten. Der sozialistische Realismus verlangte, dass die Gemälde das "wahre" Leben abbilden; d.h. die Künstler sollten "malen, was sie sehen". Die sowjetischen Behörden meinten, dies würde die Massen eher in die Lage versetzen, Kunst zu verstehen. Mit anderen Worten, die Künstler durften sich keiner symbolischen Darstellungen bedienen. Farben und Formen sollten realistisch sein. Der Begriff des "sozialistischen Realismus" implizierte aber auch, dass das vom Künstler dargestellte Objekt fröhlich sein musste, produktiv, zuversichtlich und optimistisch – nicht grau, elend, deprimierend oder zweifelnd.
Doch Salahov trieb diesen Auftrag noch einen Schritt weiter, schuf seinen eigenen Stil und traf so seine eigene Aussage. Heute bezeichnet man dies als "strengen sozialistischen Realismus". Salahovs frühe Arbeiten – obgleich realistisch – wagen die Andeutung, dass das Leben nicht rosig und voller Triumphe ist, obwohl seine Themen eindeutig innerhalb der vorgeschriebenen Formel liegen.
Salahov gehört einer Generation junger sowjetischer Künstler an, die sich in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren entwickelt hat. Aus Baku stammend wählte er häufig das industrielle Aserbaidschan als Thema seiner frühen Arbeiten. Er liebte die Stadt, Ichari Shahar (Innere Stadt), den antiken Jungfrauenturm, das Kaspische Meer und seine sandigen Strände. Er liebte es, den Fischern bei ihrem Handwerk zuzusehen, und den mutigen Arbeitern, die das Öl aus den Tiefen der Erde hervorlockten.
Vor allem die Erdölarbeiter von Neft Dashlari fesselten seine Aufmerksamkeit. Neft Dashlari ist eine Siedlung, die wie eine Insel auf Holzpfählen in einer der seichteren Zonen des Kaspischen Meers errichtet wurde. Sie kennzeichnet den ersten Versuch der Menschheit, Erdöl von unterhalb einer großen Wassermasse zu fördern – nicht nur in Aserbaidschan, sondern auf der ganzen Welt. Neft Dashlari ist heute fast 50 Jahre alt, doch damals war es ziemlich neu, errichtet nur 10 bis 15 Jahre, bevor Salahov begann, sich damit zu befassen.
Ein anderer berühmter Künstler, Sattar Bahlulzade, wählte einen anderen Ansatz für seine Arbeiten, der nicht nur seine Karriere, sondern auch sein Leben bestimmte. Bahlulzades Fähigkeit Dinge genau zu beobachten, ermöglichte es ihm, subtile, verfeinerte Darstellungen der Natur zu schaffen. Er erfreute sich an der Schönheit, die er an Steinen, Bäumen und Blumen wahrnahm, an Dingen oder Szenen, die anderen Menschen wenig bemerkenswert erscheinen mochten, und übertrug seine Freude dann auf die Leinwand, sodass auch andere sie genießen konnten.
Als Begründer der zeitgenössischen aserbaidschanischen Landschaftsmalerei liebte es Bahlulzade, durch das Land zu reisen und seine Schönheit zu erforschen. Er bemerkte einmal: "Ich muss nicht nach Tahiti fahren wie Gauguin. Andere müssen das auch nicht. Meine Inspiration speist sich aus meinem eigenen Land und seinen Menschen."
Weitere Informationen über die Künstler finden Sie auf folgenden Internetseiten:
Tahir Salahov
http://www.azer.com/aiweb/categories/magazine/72_folder/72-articles/72_salahov.html
Sattar Bahlulzade
http://www.azer.com/aiweb/categories/magazine/72_folder/72-articles/72_bahlulzade.html